Die Schritte der beiden bewaffneten Ritter hallen durch den kleinen Korridor, als sie ihrer Fürstin zur Zelle des Vampirs folgen.
Der Elf musste gerade geschlafen haben, denn als die drei vor ihm zum Stehen kommen, liegt er immer noch am Boden. Den Kopf leicht angehoben, blinzelt er müde zwischen den verworrenen Str?hnen seiner langen Haare hindurch.
Sobald er die beiden bewaffneten Ritter sieht, rappelt er sich schnellstm?glich auf und weicht in eine Ecke seiner Zelle zurück. Sein Blick schnellt nerv?s zwischen den Rittern und der Fürstin hin und her.
Sie steckt den Schlüssel ins Schloss der Zellentür und sperrt auf. Gleichzeitig werden die Bewegungen des Elfen panischer.
Die Fürstin betritt als erste die Zelle.
“Denk daran”, erinnert sie ihn kühl, “du bist nur am Leben, weil du eine gute Troph?e abgibst. Solltest du irgendetwas versuchen, kann sich das ganz schnell ?ndern. Deinen Kopf auf einer Lanze aufgespie?t durch die Stra?en der Stadt zu tragen, würde den Menschen n?mlich mindestens genauso gefallen.”
Die Drohung scheint ihn überraschenderweise mehr zu beruhigen als zu ?ngstigen. Seine Atmung verlangsamt sich wieder und seine Bewegungen lassen an Hektik nach. Als die beiden Ritter ihn grob an den Armen packen, wehrt er sich nicht.
Die Fürstin ist sich unsicher, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.
Bevor sie aus dem Geb?ude heraustreten, wird dem Elfen ein Sack über den Kopf gestülpt. Eine vollkommen überflüssige Geste, denn seine Identit?t l?sst sich bei seinen gro?en schwarzen Schwingen schwer verstecken. Die Fürstin kann nur hoffen, dass die kleine Gruppe nicht schon auf dem Weg zum Pranger von dem Mob überfallen wird.
Auch wenn sie so seinen Gesichtsausdruck nicht lesen kann, so ist es leicht seine Nervosit?t an seiner geduckten Haltung zu erkennen.
Zwei weitere Ritter kommen hinter der Pforte zum Fürstentum dazu. Sie übernehmen die Führung, w?hrend die Fürstin die kurze Prozession abschlie?t.
Der Weg durch die Stadt zum Marktplatz gestaltet sich entgegen ihren Befürchtungen als relativ unproblematisch. Die Menschen auf den Stra?en be?ugen die Ritter und den zwischen ihnen laufenden Elfen zwar, halten aber respektvollen Abstand.
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Als sie im Stadtzentrum ankommen, macht die bereits versammelte Menge sogar einen Weg zur h?lzernen Tribüne frei.
Das Gemurmel und die einzelnen Rufe wachsen zu einem Jubel an, als die beiden Ritter den Elfen zwischen ihnen die schmale Holztreppe hinaufführen.
Erst als der Gefangene am Pfahl steht, die Ketten an seinen Armen an einen Haken über seinem Kopf befestigt, nimmt einer der Ritter den Jutesack weg.
Der Elf blinzelt verwirrt und versucht sich umzusehen, doch das pl?tzliche, helle Sonnenlicht blendet ihn.
Gleichzeitig wird aus dem zun?chst unterdrückten Rufen der Menge ein Johlen und Lachen und das erste verfaulte Gemüse beginnt zu fliegen.
Bevor die Fürstin geht, wendet sie sich noch einmal an einen der Ritter.
“Es werden keine Steine geworfen und niemand betritt das Podium”, sagt sie ernst.
“Jawohl, Milady!”, antwortet dieser ernst, doch der zweite Ritter hat bereits ein freches Grinsen auf dem Gesicht.
Die Fürstin verl?sst den Marktplatz durch eine Seitengasse. Als sie weit genug von der Menge entfernt ist, dreht sie sich zu dem Schatten um, der ihr schon seit geraumer Zeit folgt.
“Danke, dass du mitgekommen bist, Ruby.”
Die junge Frau schlie?t schnell zu ihr auf und nickt selbstverst?ndlich.
“Auch wenn dir Bettruhe vielleicht besser tun würde”, fügt Rhiscea seufzend hinzu.
Die Asiatin quittiert das mit einer gehobenen Augenbraue. Sie wissen beide, dass Ruby nicht im Bett geblieben w?re, wenn ein so gef?hrlicher Hybrid an den Pranger gestellt wird.
Die beiden gehen weiter den schmalen Gang zwischen den alten H?usern entlang, bis sie sich wieder am Marktplatz befinden. Dieses Mal mischen sie sich unter die Menge und beobachten das Spektakel von unterhalb der Tribüne.
Sie waren nur einige Momente weg und dennoch haben die Ritter bereits alle Befehle ihrer Fürstin in den Wind geworfen. Einige Steine fliegen aus der Menge heraus in Richtung des Elfen. Die Menschen gr?len und lachen, als zwei davon ihr Ziel treffen.
Die Fürstin seufzt. So etwas hatte sie befürchtet. Gerade die jungen Ritter scheinen ihre Autorit?t nicht ernst zu nehmen, sobald sie sich aus ihrem Blickfeld entfernt.
Sie würde selbst auf die Tribüne steigen und wieder Ordnung unter die Leute bringen, aber sie will nicht riskieren, das Monster in den Augen des Volkes pers?nlich in Schutz zu nehmen. Das k?nnte genauso einen Aufstand ausl?sen wie den, den sie mit dieser Aktion zu verhindern sucht.
Einer der Ritter dreht sich zu dem Elfen um und schl?gt ihm in die Magengrube. Der Elf heult auf und krümmt sich vor Schmerz.
Doch erst als sich einer der Versammelten auf die Bühne schwingt, um es dem Ritter gleich zu tun, wendet sich die Fürstin an ihre Geschworene. Mit einem Nicken gibt sie ihr Erlaubnis einzuschreiten.
Sobald die Ritter die schwarzhaarige Frau unter der Menge erkennen, verschwindet das Grinsen aus ihren Gesichtern und einer bemüht sich sogar darum, den jungen Mann aus dem Volk wieder von der Tribüne zu leiten.
Ruby legt einem der Ritter eine Hand auf die Schulter und deutet mit dem Daumen der anderen hinter sich. Als der etwas entt?uschte Mann die Tribüne verl?sst, nimmt sie seinen Platz neben dem Elfen ein.
Sofort wird das Rufen und Lachen der Menge etwas leiser. Keiner wagt es mehr, auch nur einen Stein vom Boden aufzuheben.
N?chstes Kapitel: 02.01. “Arbeit und Vergnügen"